Graphen, ein extrem dünnes Nano-Material mit zweidimensionaler Kohlenstoffstruktur, befindet sich in Smartphones und in einigen Sportartikeln – und kommt in absehbarer Zeit zum ersten Mal auch in Fahrzeugen zum Einsatz. Denn die Ford Motor Company hat angekündigt, Graphen voraussichtlich bereits ab Jahresende im Ford Mustang, im Ford F-150 und später auch in weiteren Ford-Baureihen verwenden zu wollen. Die Ankündigung erfolgte pünktlich zum US-amerikanischen National Nanotechnology Day am gestrigen Dienstag (9. Oktober).
„Graphen“ ist die Bezeichnung für eine Modifikation des Kohlenstoffs. Doch anstatt dass die Atome wie zum Beispiel in einem Diamanten dreidimensional angeordnet sind, hat Graphen eine zweidimensionale Struktur – es besteht aus einer einzigen Atomlage Kohlenstoff. Jedes Kohlenstoffatom ist im Winkel von 120 Grad von drei weiteren umgeben, sodass sich ein bienenwabenförmiges Muster ausbildet.
Graphen wurde erstmals im Jahre 2004 isoliert, aber praktische Anwendungsbeispiele sind relativ neu. Das erste Experiment, Graphen zu isolieren, wurde unter Verwendung von Bleistiften, die Graphit enthielten, und eines Stücks Klebeband gemacht. Der Klebestreifen wurde verwendet, um einlagige Kohlenstoffschichten abzuziehen. Dieses Experiment wurde 2010 mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet.
Von einigen Ingenieuren wird Graphen bereits als „Wundermaterial“ bezeichnet, denn Graphen ist 200-mal stärker als Stahl und eines der leitfähigsten Materialien der Welt. Darüber hinaus hat der innovative Werkstoff exzellente Schallschutz-Eigenschaften und ist dabei sehr flexibel. Graphen ist nicht für jede Anwendung wirtschaftlich rentabel, aber Ford hat in Zusammenarbeit mit den US-Unternehmen Eagle Industries und XG Sciences einen Weg gefunden, kleine Mengen beispielsweise für Tankverkleidungen und Pumpen- oder Motorabdeckungen zu verwenden. Erst kürzlich hat Graphen auch als neuer Grundstoff für Lacke, Polymere und Batterien Aufmerksamkeit in der automobilen Fachwelt erregt.
„Der Durchbruch ist nicht das Material selbst, sondern die Art und Weise, wie wir es verwenden“, sagt Debbie Mielewski, Ford Senior Technical Leader, Sustainability and Emerging Materials. „Wir sind in der Lage, mit einer sehr kleinen Menge, weniger als einem halben Prozentpunkt des insgesamt verbauten Materials, signifikante Verbesserungen in Bezug auf Haltbarkeit, Schalldämmung und Gewichtsreduzierung zu erreichen.“
Im Jahre 2014 begann Ford mit Zulieferern zusammenzuarbeiten, um das neuartige Material zu erproben. Im Allgemeinen ist die Geräuschdämmung im Fahrzeuginneren stets mit zusätzlichem Material und Gewicht verbunden, aber mit Graphen ist das Gegenteil der Fall: „Eine kleine Menge an Graphen bedeutet in diesem Fall einen großen Unterschied und hat einen signifikant positiven Einfluss auf die Schallabsorption“, sagt John Bull, Präsident von Eagle Industries.
Das Graphen wird Schaumstoff-Materialien beigemischt. Tests, die von Ford und Zulieferern realisiert wurden, ergaben eine 17-prozentige Verringerung des Geräuschpegels, eine 20- prozentige Verbesserung der mechanischen Eigenschaften und eine 30-prozentige Verbesserung der Wärmefestigkeit im Vergleich zu entsprechenden Materialien ohne Graphen.
„Wir sind begeistert von den Leistungsvorteilen, die unsere Produkte anderen Unternehmen wie Ford und Eagle Industries bieten können“, sagt Philip Rose, CEO, XG Sciences. „Die Zusammenarbeit mit der innovationsfreudigen Ford Motor Company zeigt das Potenzial von Graphen für verschiedene Anwendungen. Wir freuen uns darauf, unsere Kooperation auf andere Einsatzgebiete auszuweiten und weitere Produktverbesserungen zu entwickeln.“
Ford & Profibusiness.world
11. Oktober 2018