Der Wettbewerb um kluge Köpfe ist für Frankfurts Start-up-Unternehmer deutlich härter geworden: 66 Prozent der Gründer bezeichnen die Suche nach neuen Mitarbeitern als schwierig, während es im vergangenen Jahr nur 58 Prozent waren. Das trifft die Unternehmen hart, da mehr als die Hälfte von ihnen personelle Aufstockungen um durchschnittlich neun Prozent plant. Die Rekrutierung neuer Mitarbeiter scheitert – wie auch deutschlandweit – vor allem am allgemeinen Fachkräftemangel, wie 48 Prozent der Start-up-Unternehmer bestätigen. Ein weiterer Grund liegt in den Präferenzen der Bewerber: 30 Prozent der Jungunternehmer geben an, dass potenzielle Mitarbeiter bekannte Konzerne bei der Stellensuche bevorzugen. Das zeigt die Studie „Start-up-Unternehmen in Deutschland 2018“ der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC, für die insgesamt 1.000 Startups, darunter 50 aus dem Raum Frankfurt, befragt wurden.
„In diesem Ergebnis spiegelt sich die hohe Konzerndichte in der Region Rhein-Main wieder“, sagt Michael Burkhart, PwC-Partner und Leiter des Standortes Frankfurt.
„Start-ups müssen in Frankfurt vergleichsweise hohe Gehälter bieten, um im Wettbewerb mit großen Unternehmen zu bestehen. Dabei haben sie gute Argumente auf ihrer Seite, die sie selbstbewusst ins Feld führen sollten: hohe Innovationskraft, kreativer Freiraum, neue Technologien, flache Hierarchien, flexible Arbeitszeiten – und die tolle Chance, an einer Wachstumsstory mitzuschreiben.“ Michael Burkhart, PwC-Partner und Leiter des Standortes Frankfurt
Der starke Wettbewerb um qualifizierte Mitarbeiter hat Folgen für den Gründerstandort Frankfurt: Obwohl mehr als neun von zehn Start-ups mit dem lokalen Ökosystem zufrieden sind, erwägen zwölf Prozent einen Standortwechsel oder haben ihn bereits vollzogen. Dieser Wert liegt deutlich über Bundesdurchschnitt mit sechs Prozent. „Neben dem Fachkräftemangel machen sich hier die hohen Immobilienpreise und Lebenshaltungskosten in Frankfurt bemerkbar. Hier muss sich auch die öffentliche Hand dafür einsetzen, dass Jungunternehmer nicht abwandern“, kommentiert Michael Burkhart. Zu den Faktoren, die Gründer am Standort Frankfurt besonders gut bewerten, gehören die digitale Infrastruktur (96 Prozent), die allgemeine Gründerszene (96 Prozent) sowie die logistische Anbindung und der Zugang zu finanziellen Mitteln (je 92 Prozent).
Der Zugang zu Kapital scheint jungen Unternehmern derzeit relativ leicht gemacht zu werden – bundesweit und in Frankfurt. Der Anteil der Start-ups, die bei der Gründung allein auf Eigenmittel setzen mussten, ist sowohl auf Bundesebene, als auch in Frankfurt mit zehn und acht Prozent niedrig. Der größte Teil der Gründer hat sich für eine Mischfinanzierung aus Fremd- und Eigenkapital entschieden.
„Insgesamt agieren Start-ups bei der Finanzierung aber erstaunlich konservativ. Die Nutzung von Venture Capital – sowohl von Investoren als auch von Unternehmen – liegt bei Frankfurter Start-ups mit 14 Prozent auf einem niedrigen Niveau. Dabei kann das Engagement von Unternehmen für beide Seiten eine gute Ergänzung sein.“ Daniel Spengemann, Ansprechpartner der PwC-Start-up-Initiative Next Level im Raum Frankfurt
In einer Hinsicht ist diese Erkenntnis aber bereits angekommen: Fast jeder zweite Frankfurter Gründer setzt auf Kooperationen mit etablierten Unternehmen. Die jungen Unternehmen erhoffen sich davon die Erschließung neuer Vertriebskanäle (41 Prozent), aber auch den Zugang zu neuen Kundengruppen (35 Prozent) und die Ergänzung von fehlendem Know-how (35 Prozent). Zugenommen hat zudem die Zusammenarbeit mit weiteren Start-ups – aus dem eigenen oder einem anderen Geschäftsbereich: von 16 auf 36 Prozent. Das sind fast zehn Prozentpunkte mehr als auf Bundesebene.
Der Blick auf die eigene Geschäftslage fällt für Start-ups im Raum Frankfurt optimistisch aus: Ihre Umsatzerwartungen sind gegenüber dem Vorjahr leicht um zwei Prozentpunkte auf durchschnittlich neun Prozent gewachsen. Damit liegt Frankfurt etwas über den bundesweiten Prognosen (acht Prozent). Noch immer verzeichnen Start-ups in Deutschland damit ein starkes Umsatzplus, auch wenn ihre Wachstumspläne gegenüber dem Vorjahr etwas konservativer ausfallen.
Entsprechend investitionswillig sind die Unternehmen in den kommenden Monaten, vor allem in Marketing- und Werbemaßnahmen (46 Prozent) und neue Mitarbeiter (36 Prozent). Auffällig ist, dass Frankfurter Start-ups ihren Etat für IT-Sicherheit deutlich aufstocken wollen, wie 34 Prozent der Befragten bestätigen – im Vorjahr waren das lediglich 16 Prozent. „Der Wert liegt auch erheblich über dem Bundesdurchschnitt“, kommentiert Daniel Spengemann. „Hier zeigt sich, dass es in Frankfurt überdurchschnittlich viele FinTechs gibt, deren Kunden aus dem stark regulierten Finanzsektor kommen, der in der Regel allerhöchste Sicherheitsstandards an den Tag legt, weshalb auch die FinTechs ein ganz besonderes Augenmerk darauflegen.“
PwC & Profibusiness.world
21. Oktober 2018