In dieser Jahreszeit ist es draußen kalt. Doch so viel sei vorab verraten: Im Industriepark Höchst bei Sanofi in Deutschland gibt es noch viel tiefere Temperaturen. Wir haben uns auf die Suche gemacht, um den kältesten Ort zu finden.
Bei Sanofi in Deutschland im Industriepark Höchst werden unter anderem moderne, biotechnisch hergestellte Arzneimittel produziert. Diese und ihre Vorstufen müssen gekühlt werden – gewöhnlich bei Temperaturen zwischen minus 30 und plus 8 Grad Celsius – so ähnlich wie in der Gefriertruhe oder im Kühlschrank zuhause. Kältere Orte sollte es daher in den Bürogebäuden an den Standorten Berlin und Neu-Isenburg kaum geben. Doch geht es im Industriepark Höchst noch kälter als minus 30 Grad Celsius? Ja …
Bakterienstämme werden in flüssigem Stickstoff gelagert. Das ist wirklich kalt: Minus 170 Grad Celsius herrschen in den Lagerbehältern. Reiner flüssiger Stickstoff hat übrigens eine Temperatur von minus 196 Grad Celsius. Wird es wärmer, verdampft er. Salopp gesagt: Er kocht bei minus 196 Grad.
Aber das ist nicht die tiefste Temperatur, die es gibt. Der absolute Nullpunkt liegt bei minus 273,15 Grad Celsius. Da wäre also „noch kalte Luft nach unten“.
Auf der Suche nach kalten Orten gelangt man zu den Laboren des deutschen Forschungs- und Entwicklungs-Hub. Dort nutzen einige Wissenschaftler tiefe Temperaturen, um die Strukturen von Molekülen aufzuklären.
Das Team von Dr. Christian Engel, Gruppenleiter der Integrierten Wirkstoffforschung, untersucht mit Hilfe von Röntgenstrahlen, wie große Moleküle, also zum Beispiel Proteine, räumlich aussehen und wie sie in Wechselwirkung mit anderen Molekülen treten.
Elektronen im Molekül lenken die Röntgenstrahlen ab – und diese Streuung kann ausgewertet werden. „So gewinnen wir ein dreidimensionales Bild von seiner Struktur“, erklärt Engel.
Damit die Proteinmoleküle keinen Schaden nehmen, wenn die energiereichen Röntgenstrahlen auf sie treffen, ist eine starke Kühlung notwendig. Und dazu wird der extrem kalte Stickstoff in flüssiger und verdampfter Form eingesetzt. Im Versuchsaufbau herrschen dann minus 170 Grad.
Proteine sind nicht nur Strukturen im Körper, an die sich Arzneimittelwirkstoffe binden und so ihre Wirkung entfalten. Immer häufiger sind die Wirkstoffe selbst Proteine. Insulin zum Beispiel ist ein Protein, gebildet aus zwei langen Aminosäureketten. Auch biotechnisch hergestellte monoklonale Antikörper sind riesige Proteine. Sie binden sehr gezielt bestimmte Targets.
Es gibt weitere Methoden, die Struktur von Molekülen aufzuklären – und die erfordern noch tiefere Temperaturen. Ein Beispiel hierfür ist die Kernspinresonanzspektroskopie, kurz NMR für nuclear magnet resonance, die das Team um Dr. Michael Kurz anwendet:
Dabei beobachten die Forscher, wie sich Atome in einem starken Magnetfeld verhalten, wenn sie mit Radiowellen angeregt werden. So können nicht nur einzelne Atome sichtbar gemacht, sondern auch ihre chemischen Verknüpfungen zueinander bestimmt werden. „Außerdem lassen sich Wechselwirkungen zwischen diesen Substanzen und ihrem biologischen Zielmolekül untersuchen. NMR-Spektroskopie ist daher eine der wichtigsten Methoden für die Strukturbestimmung von chemischen Substanzen“, ergänzt Kurz.
Um die dafür benötigten starken Magnetfelder aufzubauen, werden Elektromagnete verwendet, in denen sehr starke elektrische Ströme fließen. Dabei nutzt man einen physikalischen Effekt: Supraleitung. Nahe dem absoluten Nullpunkt sinkt der elektrische Widerstand vieler Metalle gegen null. Die Elektromagnete müssen also möglichst nahe an diese Temperatur heruntergekühlt werden. Dafür sorgt flüssiges Helium mit minus 269 Grad Celsius. In den so gekühlten supraleitenden Spulen fließt der Strom dann ohne Widerstand und erzeugt das Magnetfeld, das so über Jahrzehnte stabil gehalten werden kann.
Wir haben damit den kältesten Punkt bei Sanofi gefunden: die supraleitenden Spulen der NMR-Spektrometer bei den Strukturanalytikern.
Sanofi-Gruppe Deutschland & Profibusiness.world
18. Februar 2019